4. Oktober 2025, Blankeneser Bücherbrief der Buchhandlung Wassermann
Im 2. Weltkrieg rekrutierte das Deutsche Reich französische Arbeiterinnen für die Rüstungsproduktion. DIe Frauen schufteten unter Bedingungen, die sich von denen der Zwangsarbeiter kaum unterschieden. Nach dem Ende des Krieges waren sie doppelt Gezeichnete: Einerseits hatten sie unter den Folgen ihrer Arbeitsbedingungen zu leiden, andererseits galten sie zu Hause als Verräter, die mit dem Feind paktiert hatten. Man drängte sie sogar dazu, über die Zeit in Deutschland zu schweigen, weil im Nachkriegsfrankreich kein Mensch mehr etwas von der Kollaboration mit den Nazis wissen wollte. Aus diesem wenig bekannten Stoff hat Renate Ahrens einen packenden Roman gefertigt. Seine Spannung ergibt sich aus der Verquickung des historischen Themas mit einer überzeugend geschilderten Familiengeschichte, in der sich zeigt, wie die Geschichte in das Leben von Einzelnen und Familien hineinwirkt, ja, wie sie es mitunter über Generationen beeinflusst. Der Roman zeichnet sich aus durch seine Gradlinigkeit und seinen angenehm unprätentiösen Stil. Renate Ahrens weiß, was sie erzählen will und verfolgt dies zur Freude des Lesers mit großer Klarheit.
29. Oktober 2025, Die Stadtzeitung Wuppertal
In Deutschland unbekannt, in Frankreich tabuisiert
Renate Ahrens, Schriftstellerin aus Hamburg, hat einen von der Kritik hoch gelobten Roman „Das verschwiegene Land“ geschrieben, den sie am Freitag (14.11.) im „Glücksbuchladen“ vorstellen wird. Es ist eine ebenso spannende wie interessante deutsch-französische Geschichte, die in Hamburg, Paris, Nordfrankreich und Berlin spielt. Im Jahr 1985 verschweigt Andrea den Eltern ihre Liebe zu dem Franzosen Marcel. Ihre Mutter Yvonne hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg von ihrem Heimatland Frankreich losgesagt – in der Familie ist alles Französische tabu.
Für ihren Roman hat die Autorin in Archiven recherchiert, „wobei meine Arbeit im Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit in Berlin sich als besonders wichtig erwiesen hat. Mein Forschungsinteresse bezog sich auf die in Frankreich tabuisierte und in Deutschland weitgehend unbekannte Tatsache, dass die mit Hitler zusammenarbeitende Vichy-Regierung ab 1941 etwa 80.000 Französinnen für die deutsche Rüstungsindustrie anwarb. Nach Kriegsende galten die Frauen in Frankreich als Kollaborateurinnen. Ihnen wurde ein Schweigegebot auferlegt.“
Renate Ahrens, geboren 1955 in Herford, studierte Anglistik und Romanistik. Sie war als Lehrerin tätig, bevor sie 1986 nach Dublin übersiedelte und mit dem Schreiben begann. Sie publizierte Kinderbücher, Theaterstücke und Romane. Mit den Romanen „Fremde Schwestern“ und „Schicksalsfreundin“ wurde sie einem breiteren Publikum bekannt. Ihr aktuelles Buch „Das verschwiegene Land“ ist eine fesselnde Mischung aus Politthriller, Krimi und Beziehungsgeschichte.
12. November 2025, Buchpalast München, Friederike Wagner-Lewitan
Spannende Spurensuche
Ein großes Thema: Wie nicht bewältigte Traumata an die nächste Generation weitergegeben werden. In diesem Buch betrifft es Andrea und ihre Mutter Yvonne. Yvonne ließ sich 1942 von der mit Hitler zusammenarbeitenden Vichy-Regierung in Frankreich zur Arbeit in der deutschen Rüstungsindustrie in Berlin anwerben, um ihrer schwierigen Familiensituation zu entfliehen und die Familie gleichzeitig finanziell zu unterstützen. In Berlin erlebte sie Ausbeutung und Ungerechtigkeit, Halt gaben ihr nur Freundinnenfreundschaft und die Liebe zu einem deutschen Soldaten, der später Andreas Vater werden würde.
In Frankreich wurde sie nach Kriegsende von ihrer Familie und der Gesellschaft als Kollaborateurin verachtet. Yvonne hoffte, durch Verschweigen diese belastenden Erlebnisse vergessen zu können. Alles Französische wurde von ihr verbannt, sie neigte zu Depressionen und konnte Andrea keine Liebe geben. Als Andrea Marcel, einen Franzosen, liebt und ihren eigenen Widerstand gegen ein Familienleben mit ihm nicht versteht, wird ihr bewusst, dass sie und ihre Mutter sich der Vergangenheit stellen müssen. Wir begleiten ihre Spurensuche und deren Auswirkungen auf alle Beteiligten.
Ein interessantes Kapitel deutsch-französischer Geschichte, das bisher kaum Beachtung fand und sich als Familien- und Beziehungsroman spannend liest, ähnlich den Romanen von Susanne Abel.